Damit die Kost noch kostbarer wird – Kräuterspezialitäten verbinden Franken und Böhmen

Gewürze und Kräuter sind unverzichtbar, um aus dem Verzehr von Lebensmitteln einen Genuss zu machen. In ihnen steckt eine Vielzahl kulinarischer Möglichkeiten. So selbstverständlich sie in der Küche und im Alltag erscheinen, so geheimnisvoll mutet die Chemie des Würzens, mit der sich unzählige Ratgeber befassen, auch heute noch an. Franken und Böhmen haben mit markanten Kräutern, Gewürzen und Aromen eigene Besonderheiten hervorgebracht. 

Die Geschichtsschreiber der Regionen widmen der Kräuterflora und den Gewürzen ihrer Heimat umfangreiche Kapitel. In der Klostermedizin kommen Arznei- und Lebensmittel seit dem frühen Mittelalter zusammen. Das passt gut zu Franken und Böhmen, da es sich hierbei auch um eine Gegend der Klöster handelt. Eine bedeutende Rolle spielte geschichtlich zudem die Reichsstadt Nürnberg, die ihren wirtschaftlichen Aufschwung und ihre politisch Macht im späten Mittelalter zu einem großen Teil dem Handel mit teuren Gewürzen verdankte. Die Tradition lässt sich anschaulich im Gewürzmuseum Kulmbach (siehe Beitrag Seite 47) nachvollziehen.

Die Klostermedizin sah insbesondere die Bitterstoffe als wertvoll an. Beifuß stand weit oben auf der Beliebtheits­skala der Arzneikräuter. Schon der bittere Geschmack der Pflanze trägt dazu bei, dass sich die Verdauungssekrete in Mund, Magen und Galle freisetzen – eine optimale Vorbereitung einer guten Verdauung. Im berühmten Kräuterlikör „Becherovka“ ist Beifuß eine wichtige Zutat. 

Das wohl älteste und vielleicht typischste Gewürz in Franken und Böhmen ist der Kümmel. Er durfte schon lange vor unserer Zeit in vielen Broten und Suppen nicht fehlen und war neben Knoblauch, Salz und Pfeffer fester Bestandteil vieler Haus- und Hof-Rezepte. Durch sein ätherisches Öl gilt der Kümmel als ein hervorragendes Magenmittel.  In flüssiger Form kann er als Schnaps aus „Sack’s Destille“, Weißenstadt, genossen werden. Dort gibt es den „Fichtelgebirgs-Kümmel“ auch in einer Bio-Variante. Zur Herstellung der Geiste und Liköre aus der kleinen Manufaktur werden neben dem weichen Wasser des lokalen Granitgesteins fast ausschließlich von Hand gesammelte Beeren und Kräuter aus dem Fichtelgebirge verwendet. Der Inhaber Gerald Kastl ist hierfür oft auf den Wiesen der Hochtäler und in den lichten Bergwäldern seiner Heimat unterwegs.

Wildpflanzen finden in den Höhenlagen des Fichtelgebirges ab 600 bis 700 Metern sehr gute Wachstumsbedingungen. In der Küche lassen sie sich kreativ und spielerisch einsetzen. Eine Gruppe kräuterbegeisterter Köchinnen und Köche hat sich davon inspiriert 2010 zum Verein „Essbares Fichtelgebirge“ zusammengeschlossen, um gemeinsam heimische Wildkräuter in einfallsreiche, köstliche Gerichte  zu verwandeln und sie zu einem kulinarischen Aushängeschild für Bayerns hohen Norden zu machen. Die Mitglieder gründeten ein Netzwerk, dem auch regionale Jäger, ­Fischer und Landwirte, ein Kräutermetzger, ein Kräuterbäcker und der oben genannte Destillateur Gerald Kastl angehören. Dazu werden Kochkurse, Kräuterwanderungen und andere Aktionen angeboten. So lassen sich die Schätze der Region mit allen Sinnen genießen. 

Oliver van Essenberg